Im Lande des Mahdi 2 - Der Mahdi by Karl May

Im Lande des Mahdi 2 - Der Mahdi by Karl May

Autor:Karl May [May, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historical Fiction
Herausgeber: May, Karl
veröffentlicht: 2012-01-25T09:13:46+00:00


Viertes Kapitel

Beim »Vater der Fünfhundert«

Zwei Menschen, ganz allein in der weiten Wüste! Die Sonne brennt so glühend hernieder, daß man sich wie gebraten fühlt und, um nicht geblendet zu werden, die Kapuze des Haïk weit über das Gesicht ziehen muß. Zu sprechen giebt es nichts; man hat sich ja längst ausgesprochen. Zudem liegt die Zunge zu schwer in dem trockenen Munde, daß man, auch wenn Unterhaltungsstoff vorhanden wäre, doch lieber schweigen würde. Vorn, hinten, rechts und links Sand! Die Kamele gehen ihren Schritt, mechanisch wie aufgezogene Maschinen. Sie besitzen nicht das Temperament des edlen Rosses, welches dem Reiter zeigt, daß es sich mit ihm freut und auch mit ihm leidet. Der Herr kann mit seinem Rosse eins sein, mit dem Kamele aber nie, selbst wenn es das kostbarste Hedschihn wäre. Dies spricht sich schon äußerlich durch die Art und Weise aus, wie er auf dem ersteren und wie auf dem letzteren sitzt.

Der Reisige umarmt den Leib seines Rosses mit den Beinen; er hat »Schluß« und macht dadurch die Sage vom Centauren wahr. Diese Umschlingung bringt die Glieder, die Muskeln und Nerven des Mannes mit denen des Pferdes in innige Berührung. Das Roß fühlt die Absichten des Reiters, noch ehe dieser sie äußerlich zur Andeutung bringt. Es gewinnt ihn lieb; es wagt mit ihm; es fliegt mit ihm, und es geht mit vollem Bewußtsein dessen, was es thut, mit ihm in den Tod.

Ganz anders beim Kamele. Auf hohem Höcker im Sattel sitzend, berührt der Reiter das Tier nur, indem er seine Füße über den Hals kreuzt. Es giebt nicht den mindesten »Schluß«, keine äußere und also auch keine innere Vereinigung. So hoch er auf oder über ihm thront, so tief bleibt es im geistigen Verständnisse für ihn zurück. Ist es gutmütig, so gehorcht es ihm wie ein Sklave, ohne die Spur einer eigenen Individualität zu zeigen; ist es aber bösartig und störrisch, wie die meisten sind, so steht es mit ihm in einem immerwährenden Kampfe, welcher ihn ermüden und endlich gar mit Widerwillen erfüllen muß. Wirkliche Liebe für seinen Herrn wird man bei einem Kamele nur äußerst selten beobachten.

Das ist es, was einen einsamen Ritt durch die Wüste noch einsamer macht. Man fühlt ein lebendes Wesen unter sich und kann sich doch nicht mit ihm beschäftigen. Das Pferd giebt durch Wiehern, Schnauben, durch die Bewegung der Ohren und des Schwanzes, durch verschiedene Modulationen des Ganges seine Gefühle zu erkennen; es spricht mit dem Reiter; es teilt sich ihm mit. Das Kamel schreitet gleichmäßig weiter und weiter; es trägt seinen Herrn tage- und wochenlang, lernt ihn aber trotzdem nicht kennen.

Dann wird ein solcher Ritt durch die Einöde zur wahren Pein, und mit Freuden begrüßt man die kleinste Unterbrechung, welche einem ein günstiger Zufall entgegenschickt.

Unsere beiden Hedschihn gehörten zur Klasse der gutwilligen Kamele. Hatten wir uns aufgesetzt, so begannen sie zu laufen »wie die Schneider«, sagt der Deutsche, und sie liefen wie die Schneider und immer weiter, immer in einem und demselben Tempo, ohne sich zu weigern, ohne einmal anzuhalten, ohne die leiseste Spur irgend einer selbständigen Willensregung zu zeigen.



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